brand eins 11/2018 (App)

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inkl. 7% USt.

Titel: „Iss doch, was dir schmeckt“

Schwerpunkt: Lebensmittel

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Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer:

Amuse-Gueule

• Wenn von Disruption die Rede ist, also von schnellem, radikalem Wandel, denkt man an die Automobilindustrie, den Maschinenbau, den Handel. Aber an die Lebensmittelindustrie? Die wird eher von unseriösen Produzenten und immer neuen Ernährungsgeboten bedroht. Wobei die als innovativ geltende Branche bisher noch aus jedem Verzicht – ob auf Gluten, Laktose, Fleisch oder gleich jeder Nahrung tierischen Ursprungs – ein Geschäft zu machen verstand.

Doch in den Laboren der Welt wird längst an tiefgreifenderen Veränderungen gearbeitet. Die Sorge um die Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung und die Erkenntnis, dass Massentierhaltung keine Probleme löst, sondern neue schafft, spornt Forscher an, nach Alternativen zu fahnden. Und auch in der Start-up-Szene suchen immer mehr Gründer nach Wegen, Lebensmittel besser, gesünder, trendiger zu machen. (S. 106, 76).

Denn ja, Essen ist Lifestyle, zumindest dort, wo nicht der Mangel den Speiseplan diktiert.  Man ist, was man isst – und teilt es der Community umgehend per Foto mit. Schier unendlich ist die Zahl der Essensbilder auf Instagram, die zudem das Gefühl nähren, ein Foodtrend jage den nächsten. Das setzt auch die Industrie unter Druck, die den von Experten beobachteten Makrotrend hin zu alternativen Rohstoffen, Ressourcenschutz, Transparenz und neu-artigen Verpackungen nicht verpassen will, allerdings mit geringen Margen zu kämpfen hat. Und mit dem Geschmack der Menschen (S. 92, 46).

Tatsächlich ist die Mehrheit nicht annähernd so experimentierfreudig, wie es Umfragen
und Instagram-Bilder glauben machen: Meist werden immer die gleichen Produkte gekauft. Zwar steigt die Zahl derer, die an Zucker, Fett oder Kohlenhydraten sparen wollen: Aber schmecken soll es schon auch. Verena Bahlsen, Spross des gleichnamigen Keks-Konzerns, hat deshalb ihre eigene Trend-Forschung gestartet: In ihrem Berliner Restaurant „Hermann’s“ will sie neue Produkte, Rohstoffe und Prozesse ausprobieren und von den Gästen lernen. Für sie entscheidet sich an der Frage, ob es gelingt, Genuss und Gesundheit zusammenzubringen, auch die Zukunft des Familienunternehmens (S. 66).

Denn auch wenn der Insekten-Burger vermutlich nicht die Zukunft ist, der Onlinehandel bei Lebensmitteln an seine Grenzen gerät und Food-Trends nicht so heiß gegessen wie gehypt werden: Regionale Produkte beispielsweise boomen. Und für traditionelle Imbissbuden wie den Bonner Lenné Snack wird die Luft dünn (S. 84, 98, 56).

Schließlich will der moderne Mensch nicht nur essen, sondern gleichzeitig seinen Körper optimieren. Dazu hält ihn sein Gewissen, der Zeitgeist und die Krankenkasse an. Tapfer bekannten 84 Prozent der Berufstätigen in einer Umfrage aus dem Jahr 2016: „Ja, ich ernähre mich gesund“ – vielleicht weil sie ahnten, dass aller Forschung zum Trotz keiner so genau weiß, was gesund ist. Völlerei jedenfalls ist falsch. Dicke gelten längst nicht mehr als Genussmenschen, sondern als Sozialschädlinge, die ihre Gesundheit riskieren und den Hungernden der Welt alles wegessen. Die Moral isst mit, auch wenn das nicht gesund ist (S. 40, 120).

Gesünder wäre es, sich darüber zu freuen, dass sich in der lebenswichtigsten aller Branchen etwas bewegt. Und mit Appetit, nicht mit schlechtem Gewissen zu essen.

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