brand eins 01/2014

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Titel: Denk neu

Schwerpunkt: Originalität

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Auf ein Neues!

• Spätestens seit der Koalitionsvertrag öffentlich ist, gibt es wenig Zweifel: Wir werden uns den Weg in die Zukunft selbst bahnen müssen. Das mutlose Kompendium aus Ge- und Verboten fordert den mündigen Bürger geradezu auf, sich seine Freiräume zu erkämpfen, Neuland zu erobern und zu entscheiden, was er hinnehmen will und was nicht. Und das scheint ganz unabhängig von der aktuellen Konstellation so zu sein: Die Politik hat die Fähigkeit zu träumen verloren und ist bestenfalls zur Verwaltung bereit.  

Das ist keinesfalls resignativ gemeint. Denn neben den zähflüssigen Politikströmen gibt es genug Menschen, die sich neue Wege suchen. Und bisweilen gibt es Entwicklungen, die den Status quo einfach überrollen. Ein schönes Beispiel dafür ist ausgerechnet die Investoren-Oase Dubai, in der hochfliegende Pläne scheiterten – und Meeresschildkröten, seltene Fische und Vögel die Regie übernahmen (S. 146). 

Häufiger aber stehen hinter Veränderungen Menschen, die schöpferisch sein, etwas Einzigartiges, Neues, Ursprüngliches schaffen wollen. Das alles waren einmal Bedeutungen des Begriffs Originalität – und es ist eine interessante Frage, warum originell heute meist nur noch im Sinne von komisch oder eigenartig verwendet wird. Wolf Lotter erkennt darin ein Erbe der Industriegesellschaft, in der es um stetige Verbesserung ging und Eigensinn ein Kündigungsgrund war (S. 42). Aber mit der Verfeinerung des Alten kommen wir nicht mehr weiter, wir brauchen viel mehr von denen, die neu denken – und sich nicht darum scheren, ob sie deshalb dem einen oder anderen als Spinner erscheinen. 

Miha Pogač nik zum Beispiel, Geiger aus Slowenien und Kosmopolit, der angetreten ist, seiner Heimat eine Vision zu geben (S. 122). Jean Blaise, Kulturmanager, der die Hafenstadt Nantes mit Fantasie und Spektakel aus der Depression geholt hat (S. 92). Der Künstler Oubey, der nur für sich und nicht fürs Publikum malte – und eine Frau fand, für die das genau so richtig war (S. 100). Oder Ahmed Jama, den die einen heldenhaft nennen, die anderen verrückt: Der Koch verließ seine Familie und das erfolgreiche Restaurant in Großbritannien und kehrte in das vom Bürgerkrieg zerstörte Somalia zurück. Er war entschlossen, dort Oasen des Genusses zu schaffen (S. 154).

Das ist der Stoff, aus dem die mal bewunderten, mal belächelten Originale sind. Aber es geht auch ein paar Nummern kleiner. Neu denken hilft auch den Textilunternehmern in Böhmen oder den Berliner Philharmonikern (S. 24, 60). Und es bringt einen Traditionsbetrieb wie Dornbracht genauso weiter wie ein Seifen-Start-up im Kaukasus (S. 52, 136). Dabei geht es gar nicht darum, radikal neu und krampfhaft originell zu sein. In der Technik zum Beispiel, sagt der Historiker Reinhold Bauer, bringen kleine Schritte oft weiter als der große Sprung (S. 66). Nur vorwärtsgehen sollte es halt schon: Stehen bleiben hilft genauso wenig wie die allgegenwärtige Kopie, die so modern geworden ist. 

Mit Widerständen ist dabei immer zu rechnen. Wer einen eigenen Kopf hat und eigene Wege geht, stößt immer mal wieder gegen eine Wand. Wenn sich die nicht einreißen lässt, nicht aufgeben: Oft hilft es, einfach drum herum zu gehen.

Gabriele Fischer
Chefredakteurin

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