brand eins 07/2007

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Titel: Zu viel! Überleben im Überfluss.

Schwerpunkt: Zu viel!

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Man muss sich entscheiden

• Ein Frühlings-Wochenende in Heiligendamm. Der G8-Gipfel ist noch fern, die Strandpromenade gehört den Spaziergängern, vor einem Café hat sich eine lange Schlange gebildet. Dahinter, auf einem Holzschild, das Sensationsangebot des Tages: „55 Sorten Eis!“ Das war die Geburtsstunde dieses Schwerpunktes. Denn plastischer lässt sich der verzweifelte Versuch kaum darstellen, das aller Orten quellende Überangebot zu toppen. Zu viel! Das scheint ein Grundgefühl der Zeit zu sein. Zu viele Kommunikationsangebote, zu viele Joghurtsorten, zu viel Arbeit, zu viel Geld. Der Mangel, der die Menschen seit Jahrhunderten antrieb, ihre Lebensverhältnisse zu verbessern, ist zumindest in den alten Industrienationen besiegt. Und was nun? Noch antworten die meisten wie der Café-Besitzer in Heiligendamm: Wenn es schon alles gibt, noch dazu im Überfluss, setzen wir eben noch eins drauf. Und produzieren immer mehr, immer mehr desselben. Dass die Innovationskraft mit dem beschleunigten Tempo nicht mithalten kann, ist niemandem vorzuwerfen. Dass kaum einer auf die Bremse tritt, schon (S. 46). Wie wohltuend ist da ein Unternehmen wie die schweizerische Esge. Seit mehr als 50 Jahren hat sie genau ein Produkt im Portfolio: den Stabmixer oder besser: DEN Stabmixer (S. 76). Und auch, was sich zurzeit beim Shooting-Star Spreadshirt tut, ist nicht hoch genug einzuschätzen: Nach stürmischen Aufbaujahren hat der Gründer Lukasz Gadowski grassierendes Chaos ausgemacht – und ein Tempolimit ausgerufen (S. 100). Doch häufiger geschieht, was den Zahnpasta-Hersteller Blend-a-med um die Marktführerschaft brachte: Aus einer Marke, die der Zahnarzt seiner Familie empfahl, machte er ein buntes Sammelsurium von Pasten für jeden Geschmack. Dass er dabei Marktanteile ausgerechnet an den kleinen Produzenten Gaba verlor, der standhaft auf sein Doppel Aronal und Elmex setzte, könnte eine Lehre sein (S. 82). Aber wer will sie sehen? Schließlich verhalten wir uns doch alle längst wie die Blend-a-med-Produktmanager: Wir fühlen uns unter Druck – und schalten erst einmal einen Gang hoch. Das gilt für das Arbeitsleben (S. 124) wie für die Kommunikation (S. 62): mehr als paradoxe Lösung für das Zuviel. Und wenn uns zwischen Handy, Blackberry und Konferenzen die Sinne schwinden, suchen wir nach Ablenkung. Vielleicht hilft der neue Multi-Organizer? Das Überleben im Überfluss müssen wir wohl noch lernen: die Betriebswirtschaft, die nur den Mangel kennt, wie auch die Menschen, die gelernt haben, dass „mehr“ die Steigerung von „gut“ ist. Dabei hilft es nicht, das alte Programm einfach umzudrehen: Weniger ist nicht zwangsläufig mehr – besser schon eher. Wobei sich jeder selbst der Frage stellen muss, was besser ist und für wen. Ein paar tun das schon oder haben zumindest Ideen. Michael Otto zum Beispiel, Chef von Deutschlands größtem Versandhandel, hat längst den Kurs in Richtung qualitatives Wachstum eingeschlagen (S. 58). Die Schweden versuchen vorsichtig, ein Zuviel an Sozialstaat zurückzubauen, ohne ihn zu zerschlagen (S. 130). Selbst zu viel Geld ist kein Problem, wenn man etwas daraus macht (S. 120). Und auch für den Heiligendammer Eisverkäufer liegt die Lösung nahe: Er könnte nur drei Sorten Eis verkaufen – dafür die besten der Welt. Die Frage ist nur: welche drei Sorten?

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