brand eins 08/2000

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Titel: Macht-Fragen

Schwerpunkt: Macht

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Macht-Fragen

• Es begann wie immer. Große Konferenz, Kaffee, Kekse, mäandernde Diskussion. Und irgendwann lag dieses Wort auf dem Tisch: Macht. Irgendwie altertümlich, irgendwie faszinierend. Und so ungreifbar wie selten zuvor. Macht. Ist das noch eine Kraft, die in dieser Zeit der Unübersichtlichkeit zu orten ist? Wer beeinflusst, wie sich dieses Land entwickelt: die Konzerne? Die Politik? Die Bürger? Alle ein wenig. Und die Zukunftsfrage ist, ob es uns gelingt, diese Gemengelage in der Balance zu halten. Beispiel Internet: Wolf Lotter, seit vielen Jahren als kritischer Beobachter mit der Entwicklung des Netzes befasst, begann seine Recherche über die Macht im Internet mit der These, die Wahl zur Internet-Regierung Icann sei pure Augenwischerei. Doch am Ende seiner Macht-Suche hatte er genug Fakten gesammelt und analysiert, um auch sich selbst zu überzeugen: Icann ist notwendig, ist eine, nein: die Chance, im Netz eine Balance zu schaffen (Seite 42). Beispiel Politik: Dass wir die Antwort auf unsere Frage ausgerechnet im Bundeswirtschaftsministerium suchten, hatte zwei Gründe. Zum einen wollten wir wissen, wie einer ganz oben mit der Tatsache umgeht, dass kaum jemand seinem Ministerium Macht zuspricht. Zum anderen sollte gerade dieses Ministerium die Balance zwischen Wirtschaft und Politik halten, zumindest in der Theorie. Wir trafen auf einen Wirtschaftsminister, der mit Humor und Gelassenheit die Chance nutzt, nicht Macht, aber Einfluss auszuüben. Und wir hatten anschließend zumindest eine Antwort auf die oben gestellte Frage: Ob jemand etwas bewegen kann, hat nicht nur mit Positionen und Geld zu tun, sondern auch mit Haltung (Seite 26). Einen schönen Beleg für diese These lieferten vor einigen Monaten die Bürger von Weimar und ihr lokaler Radio-Sender Radio Lotte. Die Nazis hatten dort zum 1. Mai einen Aufmarsch geplant, die Stadt fand keine juristisch sauberen Gründe, ihn zu verbieten. Was dagegen hilft? Samba. Wenn eine Stadt im Samba-Rhythmus swingt, so dachten sich die Kollegen von Radio Lotte, kann niemand einen Stechschritt halten. Am Tag, als sich die Nazis formierten, ertönte aus unzähligen ans Fenster gestellten Boxen die von Radio Lotte gesendete Samba-Musik. Was die Nazis als Machtdemonstration geplant hatten, war nur noch lächerlich. Macht. Es lohnt sich, darüber nachzudenken, wer sie hat, haben will oder haben könnte. Nicht, um das Gefühl der Ohnmacht zu spüren. Sondern um mit dafür zu sorgen, dass sie niemand missbraucht.

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