brand eins 11/2015

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Schwerpunkt: Ökonomischer Unsinn

Zum Inhalt dieses Heftes schreibt Chefredakteurin Gabriele Fischer in ihrem Editorial:

Logisch!

Mein Weg zur Wirtschaft war nicht eben geradlinig. Ich habe Politik und Soziologie studiert, und fünf Jahre als Lokalreporterin sozialen Missständen nachgespürt, bevor ich eher zufällig in der Redaktion des »Manager Magazins« gelandet bin. Mein Respekt vor dem neuen Sujet war gewaltig, bis ich begriff, dass die Ökonomie keine Raketenwissenschaft ist. Logisches Denken half, die wichtigsten Zusammenhänge zu verstehen.

Auch wenn sich nicht jedes betriebs- und volkswirtschaftliche Detail erschließt und so manche Bilanz unbegreiflich erscheint: Man kommt recht weit mit der Einsicht, dass auch das Wirtschaftsleben nach der alten Kindergartenregel „Förmchen gegen Förmchen“ funktioniert und niemand grundlos etwas verschenkt. Selbst Bilanzen sind ohne höhere Mathematik zu entschlüsseln, wie Patricia Döhle Monat für Monat belegt (S. 38).

Umso erstaunlicher, wie oft sich die Ökonomie von der Logik entfernt. Das gilt besonders, wenn sie sich mit Bürokratie vereint und so interessante Konstrukte wie die Solarförderung, das Ehegattensplitting oder die EU-Regeln zum Elektroroller erfunden werden (S. 96, 132, 90). Aber auch die Verbindung mit der Politik ist gefährlich, wie der Fall des Amerikaners Kendrick White zeigt, der versuchte, Russlands Gründer zu fördern (S. 70).

Bisweilen könnte man aber auch vermuten, dass Ökonomie und Logik eben doch Gegensätze sind. Zum Beispiel, wenn man sich wie Dirk Böttcher in die Geschichte der Antibiotika-Forschung vertieft: Das Medikament wird gebraucht, die Nachfrage wächst – und doch hat die Pharmaindustrie an der lebensrettenden Forschung erstaunlich wenig Interesse (S. 108).

Aber tatsächlich gibt es auch dafür eine logische Erklärung, ebenso wie für den scheinbaren Widerspruch, dass die Offenlegung seiner Gesundheitskosten den Privatpatienten nicht klüger macht (S. 104). Zudem scheint der gesunde Menschenverstand verloren zu haben, sobald Geld ohne Arbeit winkt. Wie sonst ließen sich mutmaßliche Anlageschwindeleien wie die der Helvetia Wealth erklären, die bei Lichte betrachtet nicht einmal sonderlich klug eingefädelt waren (S. 138)?

Geld sei eben weit mehr als ein Zahlungsmittel, sagt der Philosoph Christoph Türcke, der sich für sein aktuelles Buch „Mehr!“ mit den Ursprüngen der Geldwirtschaft auseinandergesetzt hat (S. 128). Vielleicht ist aber auch der Mensch für kühle Ratio einfach nicht gemacht. Dafür sprechen zumindest die Erfahrungen, die zwei ehemalige Manager bei Kollegen in Konzernen erfragt haben (S. 62). Dafür spricht auch, was der einstige „Tatort“-Kommissar Manfred Krug als Werbe-Ikone der Telekom erleben musste (S. 42). Und selbst die schwäbische Hausfrau, Sinnbild deutscher Wirtschaftlichkeit, folgt nicht immer der ganz geraden Spur (S. 144).

All diese Verirrungen tragen mit dazu bei, dass so viele vor unserem Wirtschaftssystem kapitulieren – was nicht nur bei der Altersvorsorge zum Problem werden kann (S. 78). Wer frei und mündig leben will, schreibt Wolf Lotter, muss wirtschaftliche Zusammenhänge verstehen. Die Frage ist, woher das Verständnis kommen soll. Stephan Jansen ist erst einmal dafür, die Ökonomie als Wissenschaft näher ans Leben zu rücken, plädiert aber wie der Freiburger Ökonom Lars P. Feld für Ökonomie im Schulunterricht (S. 126).
Das könnte sogar Spaß machen. Und ist – ich weiß, wovon ich rede – nicht so schwer.

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